Der Arbeitskräftemangel steigt – und kostet Milliarden

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Der Arbeits- und Fachkräftemangel bleibt gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten einer der größten Risikofaktoren für die regionale Wirtschaft. In den kommenden Jahren wird sich die Entwicklung zudem weiter verschärfen.

Aktuell fehlen in den niederbayerischen Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft bereits 15.000 Arbeitskräfte, über alle Qualifikationsstufen hinweg. Bis zum Jahr 2028 wird sich diese Lücke auf 22.000 Kräfte vergrößern – ein Zuwachs um 47 Prozent in nur drei Jahren. Das sind zentrale Ergebnisse aus der neuesten Auflage des IHK-Arbeitsmarktradars, einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft im Auftrag der bayerischen Industrie- und Handelskammern. Die regionalen Ergebnisse für den IHK-Bezirk Niederbayern liegen nun vor.

Fachkräftemangel sorgt für Milliardenverluste

„Der Arbeitskräftemangel ist ein Dauerbrenner in der Wirtschaft. Die aktuell angespannte wirtschaftliche Lage und insbesondere die Schwäche der niederbayerischen Industrie schlagen längst auf die Beschäftigung in der Region durch. Das ändert aber nichts an den grundsätzlichen Befunden: Schon jetzt fehlen Tausende Arbeitskräfte. Und in den kommenden Jahren reißt diese Lücke in unserem Wirtschaftsraum noch schneller auf als im bayerischen Durchschnitt – mit handfesten Folgen“, berichtet Alexander Schreiner, Hauptgeschäftsführer der IHK Niederbayern, aus dem Arbeitsmarktradar. Allein im Jahr 2028 wird demnach der Personalengpass in Niederbayern für einen Verlust an Wertschöpfung in Höhe von 2,5 Milliarden Euro sorgen. Fast fünf Prozent an Wirtschaftsleistung gehen damit verloren. „Die Folgen des Arbeitskräftemangels werden die Unternehmer und letztlich auch die Kunden und Verbraucher in Zukunft noch stärker zu spüren bekommen. Schließtage in der Gastronomie oder im Handel nehmen zu, bei Dienstleistungen muss man sich auf längere Wartezeiten einstellen, die Produktion in unserer Industrie schrumpft. Für all das ist der Arbeitskräftemangel nicht der alleinige, aber ein sehr wichtiger und entscheidender Faktor“, verdeutlicht Schreiner.

Vor allem Fachkräfte aus der beruflichen Bildung fehlen

Für die Berechnungen des Radars gehen die Studienautoren davon aus, dass sich die grundsätzlich positiven Entwicklungen auf den Arbeitsmarkt aus den vergangenen Jahren in Zukunft weiter fortsetzen – konkret: dass durch Zuwanderung aus dem Ausland sowie eine verbesserte Beschäftigungsquote von Frauen und Älteren die Zahl der Beschäftigten in den niederbayerischen Betrieben weiter steigt. Nicht zuletzt aufgrund der demografischen Entwicklung mit mehr Renteneintritten und weniger Fachkräftenachwuchs übersteigt die Nachfrage nach Arbeitskräften aber auch in Zukunft das Angebot. Was sich über die Jahre hinweg aber nicht ändert: Der mit Abstand größte Mangel herrscht bei Fachkräften aus der beruflichen Ausbildung. Der Anteil dieser Gruppe am Arbeitskräfteengpass in Niederbayern bleibt bis 2028 nahezu konstant und liegt dann bei 59 Prozent. Auch „Spezialisten“, wie zum Beispiel Meister, Fachwirte oder Bachelorabsolventen, oder „Experten“ mit akademischer Ausbildung fehlen auf dem niederbayerischen Arbeitsmarkt der Zukunft – allerdings in geringerem Maße. „Anschaulich wird das, wenn man sich die Top 10 der Berufe mit der größten Personallücke in Niederbayern im Jahr 2028 anschaut. In dieser Liste sind fast ausschließlich Fachkräfte aus der beruflichen Bildung vertreten, aus Bereichen wie Verkauf, Lagerwirtschaft und Büro bis zu Gastronomie und Fahrzeugtechnik, dem Baugewerbe sowie Gesundheit und Pflege. Experten fehlen 2028 vor allem im sozialen Bereich. Damit wird klar: Wer in unserer Region einen Beruf mit Zukunftsgarantie sucht und gleichzeitig an der Weiterentwicklung unseres Wirtschaftsstandorts teilhaben möchte, sollte sich für eine Karriere mit beruflicher Aus- und Weiterbildung entscheiden“, bekräftigt IHK-Hauptgeschäftsführer Schreiner.

Forderungen an die Politik: Bessere Rahmenbedingungen, weniger Bürokratie, verlässliche Entscheidungen und schnelle Umsetzung

Die berufliche Bildung zu stärken ist Schreiner zufolge daher eine entscheidende Aufgabe – unter anderem für die IHK selbst, die hier mit Kampagnen, Aufklärung und Berufsorientierung für Schüler, Eltern, Lehrer oder Studienzweifler ebenso ansetzt, wie mit Personalnetzwerken, Messeauftritten, Fortbildungsangeboten oder gezielter Information und Beratung für die Betriebe. Aus Sicht der Wirtschaft seien aber noch weitere Schritte notwendig, verdeutlicht Schreiner: eine schnellere und einfachere Zuwanderung von Fachkräften, verbesserte Strukturen für mehr Beschäftigung von Frauen und Älteren, die Aktivierung von Langzeitarbeitslosen sowie steuerliche Anpassungen, damit sich Arbeit besser und länger lohnt. „Diese Forderungen der Wirtschaft sind bekannt. Letztlich geht es um bessere Rahmenbedingungen, weniger Bürokratie, verlässliche Entscheidungen und schnelle Umsetzung. Das ist, was sich die Unternehmen jetzt unter anderem von einer neuen Bundesregierung erwarten – und was wir brauchen, um den Wirtschaftsstandort aus der Krise zu holen und zukunftssicher zu machen“, fordert der IHK-Chef.

Bayernweite und regionalspezifische Zahlen zum Arbeitsmarktradar finden Sie hier.

Artikelnr: 241212

Dr. Josef Schosser

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